Ein Klassiker. Jeder weiß ungefähr, worum es geht, kennt die alten Filme oder zumindest Ausschnitte davon und ist sich sicher, dass es sich um eine Horrorgeschichte handelt.
Ich sage, nein, es ist kein Horrorroman. Ich behaupte, es geht nicht darum, beim Lesen ein wohliges Schaudern zu empfinden und sich angenehm zu gruseln, sondern um ethische Fragen, die auch heute noch aktuell sind. Frankenstein erschafft sein Monster (wretch im Englischen), ohne sich vorher Gedanken darüber zu machen, was mit dem Wesen geschieht, sollte es wirklich leben. Er lässt das Wesen allein in einer Welt, die ihm fremd und nicht wohlgesonnen ist, empfindet sogar Abscheu vor dem, das er geschaffen hat. Aus einem wissenschaftlichen Experiment wurde eine Kreatur, die denkt und fühlt. Der Wissenschaftler Frankenstein hat wahrscheinlich nur die Möglichkeit, Leben zu schaffen, gesehen, sich aber keine Gedanken über die Konsequenzen gemacht. Er war mit dem realen Wesen überfordert und hat sich seiner Verantwortung entzogen. Es dürfte ein leichtes sein, dies auf die heutige Wissenschaft zu beziehen.
Somit war das Verhalten Frankensteins auch das, was mich am meisten zum Grübeln angeregt hat. Teilweise kam er mir dumm und naiv vor, aber auch verantwortlungslos. Ein Wissenschaftler, der wissen und forschen möchte, es aber nicht schafft, über den Tellerrand seiner Gedanken zu blicken. Jemand, der erst handelt, bevor er denkt und nicht wirklich über seine Position in der ganzen Situation nachdenkt. Für mein Empfinden hat Frankenstein bemerkenswert selten über sein eigenes Verhalten reflektiert, aber viel über sein Leiden gejammert.
Das fand ich viel gruseliger als das Monster selbst.